Die Kirchengemeinde Lütau will klimaneutral werden! Keine ungewöhnliche Aussage in den Zeiten des Klimawandels. Das besondere an der kleinen Gemeinde im Kreis Herzogtum Lauenburg ist, dass sie beim Thema Heizen schon klimaneutral sind. Ende 2022 konnte ein großes Projekt zur autarken und klimafreundlichen Wärmeversorgung in der Kirchengemeinde erfolgreich abgeschlossen werden. Die Kirche St. Dionys und St. Jakobus erhielt eine neue Heizanlage, die nun über das neu gebaute Nahwärmenetz mit klimafreundlicher Energie versorgt wird. Solarthermie und ein Heizwerk, das mit Holz aus der eigenen Knickpflege betrieben werden soll, wärmen nun die Kirche, das Pastorat und den Gemeindekindergarten. Und das vollständig unabhängig von Fernwärme und Gaspreisen. Auch der Anschluss weiterer Gebäude wäre denkbar.
Solarthermie-Anlage in Lütau
Durch die Umstellung der Beheizung von fossilen Brennstoffen auf erneuerbare Energien wird eine Verringerung der Treibhausgasemissionen um rund 80 Prozent erwartet, konkret 32 Tonnen CO2 pro Jahr (Herzogtum Direkt, 2020).
Aber damit nicht genug: Als Teil des Projekts wurde auch der Lütauer Klimapfad installiert. Viele bunte und schön gestaltete Tafeln erklären, wie das klimafreundliche Nahwärmenetz funktioniert und warum das wichtig ist. Inklusive “Kinder-Ebene”: Der untere Teil beschreibt kinderfreundlich mit Bildern das Thema klimaneutral Heizen – und zwar direkt auf Augenhöhe der Kleinsten. So entsteht nicht nur ein vorbildliches Klimaprojekt sondern auch ein spannedes neues Bildungsangebot für Kindergärten und Schulen in der Region. Zusätzlich wird es im Pastorat noch einen “Schulraum” geben, wo die Kleinen und ältere Schüler*innen die Wichtigkeit der Knicks für die Tierwelt und uns Menschen und die Funktion der Nahwärme kennenlernen (Gemeindebrief Lütau, Sep-Nov 2022). Aber auch alle Besucher*innen und Pilger*innen in sind in Lütau herzlich eingeladen, auf dem Klimapfad zu wandeln.
Für das neue Nahwärmenetz mit klimafreundlicher Energie aus Sonne und Biomasse wurde ein modernes Heizhaus gebaut und die Fassade ansprechend gestaltet. Der Hackschnitzel-Ofen im Heizhaus kommt dabei nur an besonders bewölkten oder kalten Tagen zum Einsatz. Sonst wird laut Michael Eggers, Vorsitzender des Kirchengemeinderates Lütau, der gesamte Warmwasser- und Heizenergiebedarf von der Solarthermie-Anlage vollständig gedeckt. Knicks sind in Schleswig-Holstein sehr verbreitete auf einem Wall wachsende Hecken und Gehölze. Sie haben eine große ökologische Bedeutung und oft eine hohe Biodiversität. Im Rahmen des Naturschutzes müssen Knicks regelmäßig (alle 10-15 Jahre) gepflegt und beschnitten, „auf den Stock gesetzt“ werden. Das daraus gewonnene Holz wird heutzutage oft entsorgt oder verbrannt. In Lütau kann das eigene Knickholz aus den Liegenschaften der Kirche und Umgebung nun energetisch verwertet werden – vor Ort und ohne lange Transportwege.
Lager für Knickholz Hackschnitzel & Förderschnecke zum Ofen
Innenansicht des Heizhauses
In Lütau vor Ort zeigten uns Olaf Dey und Michael Eggers ihr Projekt und führten uns durch die Kirche und das Heizhaus. Die Beiden sind zwei der Hauptkoordinatoren des Projektes, Michael steht ehrenamtlich dem örtlichen Kirchengemeinderat vor. Sie berichten von viel Überzeugungsarbeit und einigen Herausforderungen aber auch viel Unterstützung aus der Gemeinde und Freude über die Fertigstellung. ”Für uns war es ein ganz toller Aufhänger, um über dieses Thema zu sprechen, weil Menschen sind ja nun einmal so: Man spricht gerne über Dinge, die man anfassen oder angucken kann”, sagt Michael Eggers. In Lütau kann man sich nun also Energie- und Wärmewende in live anschauen – für groß und klein erklärt.
Die energetische Sanierung der schönen alten und denkmalgeschützten Kirche stellte die Organisatoren und Handwerker*innen dabei vor einige Herausforderungen. Vor allem mit den hohen Anforderungen des Denkmalschutzamtes galt es einen Umgang zu finden. Auch die Verlegung des Wärmenetzes unter dem alten Friedhof war problematisch. Dieses Problem konnte gemeinsam mit Experten und dem Verfahren der Spülbohrung erfolgreich gelöst werden, ohne dass der Friedhof in irgend einer Form beschädigt wurde.
Innenansicht der Kirche St. Dionys und St. Jakobus
Ein weiteres Problem stellte die Finanzierung des Großprojektes dar. Über 800.000 Euro mussten her, um klimafreundliches Heizen in Lütau umzusetzen. Dieses erste Projekt seiner Art wurde durch hochmotivierte Mitglieder des Kirchengemeinderates und Ehrenamtler*innen vorangetrieben. Dank ihnen und mit Unterstützung des Umweltbüros der Nordkirche wurde das Projekt als ausgewählte Maßnahme des Klimaschutzmanagements der Nordkirche mit einer höheren Förderung unterstützt. So konnten Olaf Dey und seine Mitstreiter*innen die Finanzierung des Projektes absichern. Die weiteren Kosten teilen sich die Kirchengemeinde, der Kirchenkreis Lübeck-Lauenburg, die Nordkirche sowie die EU und das Land. Der beachtliche Eigenanteil war für die kleine Kirchengemeinde eine große Herausforderung, die vor allem auch mithilfe von Spenden der Bürger*innen gemeistert werden konnte.
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Du willst mehr über das Nahwärme-Projekt in Lütau wissen? Dann hör mal rein in unseren Podcast mit Michael Eggers.
Wie geht es nun weiter in Lütau? In naher Zukunft soll noch eine Photovoltaik-Anlage aufgebaut werden, um eigenen Strom zu erzeugen und so den Weg in die Klimaneutralität der Kirchengemeinde zu vollenden. Wir finden: Ein inspirierendes Projekt in einer kleinen Kirchengemeinde mit großer Wirkung – angestoßen, erdacht, begleitet und umgesetzt von Ehrenamtlichen, die sich für Klimaneutralität in ihrer Gemeinde einsetzen. Danke für euer Engagement! Warum nicht mal überlegen, wie Eure Kirche klimafreundlicher beheizt werden könnte?