Wie wir unsere Geschichten neu erzählen müssen.

Klima-Kommunikation mit Torsten Schäfer

Klimakatastrophe mit gutem Ausgang? Manchmal fällt es schwer sich eine Zukunft ohne ökologischen Kollaps vorzustellen – doch das muss sich ändern, findet Dr. Torsten Schäfer. Als Professor für Journalismus und Textproduktion an der Uni Darmstadt, forscht er mit seinen Studierenden zu dem, was er spielerisch die „Sprache des Klimawandels“ nennt. Gemeint sind Techniken und Kommunikationsarten für Medienschaffende, die ein Bewusstsein für nachhaltigen gesellschaftlichen Wandel schaffen sollen.

„Nachhaltigkeit ist eine Dimension, die sich über alles legt.“

„Die Art wie wir Einzelthemen im Haus der Nachhaltigkeit betrachten, muss angereichert und um viele Perspektiven erweitert werden“ so Schäfer. Die Berichterstattung zum Thema Klimawandel und Artensterben gehe häufig von überholten Modellen aus. So wird beispielsweise das Modell des „Nachhaltigkeits-Dreiecks“, in dem Umwelt, Soziales und Wirtschaft gleichberechtigt erscheinen, teilweise heute noch nachkommenden Journalist*innen gelehrt. Dies sei falsch, veraltet und im Prinzip sogar gefährlich. Woran das liegt wird er nicht müde zu erklären: dem Erdhaushalt sind planetare Belastungsgrenzen gesetzt und diese sind in bestimmten Bereichen bereits katastrophal, in anderen zumindest kritisch belastet. Moderne Modelle nehmen eben diese Grenzen als Bezugsraum: nur unterhalb dieser ökologische Decke kann Raum für wirtschaftliches und soziales Handeln existieren. Darüber eben nicht, weil es der Planet schlichtweg nicht zulässt. Das sei die Maßgabe heute. Davon ausgehend muss sich auch die Klimaberichterstattung anpassen.

„Unsere Narrative müssen sich verändern.“

Der Mensch erzählt sich als soziales Wesen seit Beginn seines Seins gegenseitig Geschichten. Selbst steinzeitliche Höhlenmalereien seien nicht anderes als das, was heute Storytelling genannt wird, so Schäfer. Nicht selten steckt in diesen weitergereichten Geschichten eine Botschaft, ein sog. Narrativ, die im besten Falle ihren Zuhörer vor etwas Schädlichem bewahren soll.

So harmlos die Vorstellung einer kleinen Geschichte, die sich Menschen erzählen auch ist, so immens können ihre Folgen sein. Nicht selten unterstützen verhärtete Narrative Vorurteile, Angst und sind mindestens mit Vorsicht zu betrachten. Wie nun umgehen, mit einem Klimanarrativ, das zeitweilig zwischen dem raschen Ende allen Lebens und der totalen Klimawandelleugnung schwankt? Die Antwort liegt laut Dr. Schäfer in der „Klimapsychologie“.

Alarmismus vs. Tacheles

„Die menschliche Wahrnehmung ist nicht im Stande das Klima als 30-Jahre-Mittelwert zu spüren“, sagt Torsten Schäfer. Menschen können nur begreifen, was sie greifen können und demnach wird die Klimakrise nicht vom Schreibtisch aus verstanden. Wie kann eine Bedrohung nahegelegt werden, die naturgemäß nicht nahe liegt? Es reiche nicht aus Alarm zu schlagen und Menschen, mit der im besten Falle empirisch-wissenschaftlichen Datenmenge einer nahenden Katastrophe, zu überfordern. Der weltweite Klimawandel wird in Deutschland vergleichsweise spät zu spüren sein, weshalb ein Alltagsbezug für Viele gleichermaßen spät einsetzen wird. Auch ist ihre supranationale Natur schwer zuzuordnen (wie im Alleingang die Welt retten?) und gut gemeinte Apelle treffen aufgrund ihres erhobenen-Zeigefingercharakters gerne auf Ablehnung.

Hier sieht Schäfer einen Ansatzpunkt und wünscht sich eine Kommunikation, die von Vorbildern spricht, statt den Schuldigen zu suchen. Menschen müssen verstehen, dass es um einen Gewinn an Lebensqualität gehen kann, nicht nur um Verzicht. Wir müssen Lösungen, Erfolge und Möglichkeiten in den Fokus unserer Kommunikation setzen, nur so kann vermittelt werden, welch enormes Potential sich aus einem verhinderten Klimakollaps ergeben kann. Wenn wir schaffen eine Geschichte über eine wünschenswerte Zukunft zu schreiben, kommen wir ihr gesamtgesellschaftlich gewiss ein Stückchen näher. Der berühmte Wink mit dem Zaunpfahl eines Jenen, der die Geschichtenschreiber von morgen ausbildet, lässt Gutes hoffen.

Wer sich den Vortrag von Torsten Schäfer zum Thema „Klimageschichten als kulturelles Instrument“ anschauen möchte, kann das ab jetzt HIER in unserem bewirk Kino. Hier findet ihr neben diesem erstklassigen Vortrag noch viele weitere spannende Impulse aus unserer Webinarreihe „bewirk – Gemeinsam fürs Klima“. Reinschauen lohnt sich!

Text von Hendrik Hunfeld

Nach der Webinarreihe geht‘s weiter mit Netzwerktreffen

 

Vor zwei Jahren fand das letzte Netzwerktreffen der Energiebürger.SH statt. Damit das Netzwerk aktiv bleibt und wachsen kann, gibt es zum Abschluss unserer erfolgreichen Webinarreihe am 1.3. um 19 Uhr einen Klönschnack.

Dort habt ihr endlich wieder Gelegenheit, euch auszutauschen, gegenseitig zu beraten und zu vernetzen. Mit dabei sind Wilhelm Borcherding und Brigitte Petersen des Bürgerwindparks Süderdeich und der dazugehörigen Stiftung „Kinder des Windes“. Sie haben in Süderdeich einen Bürgerwindpark gegründet und vermarkten ihren grünen, regionalen TOP-Strom. Die Gewinne, die mit der Windenergie erzielt werden, fließen in gemeinnützige Projekte der Stiftung, so dass alle vor Ort profitieren. Die Stiftung Kinder des Windes fördert Jugend, Bildung und Erziehung in der Region Wesselburen und Umland, sowie in Heide und Büsum. Damit gelingt es ihnen, Bürger*innen für die Ideen einer Energiewende zu mobilisieren. Weitere Erfahrungen, Tipps und Ideen werden sie beim Klönschnack mit uns teilen.

Der Klönschnack ist offen für alle Interessierten und wird online über Zoom stattfinden. Wir bitten um Voranmeldung an bewirk@boell-sh.de.