© Carsten Frenzel (Bildausschnitt vom Original geändert) / flickr.com
Moore gelten schon seit Menschengedenken als geheimnisvolle, gefährliche und dunkle Orte. Orte, an denen Menschen auf wundersame Weise verschwinden und seltsamen Fabelwesen begegnen. Sie konnten lange Zeit weder besiedelt, noch für die Landwirtschaft genutzt werden und waren für Menschen undurchdringliche Hindernisse auf Reisen. Moorgebiete sind für Menschen also schon lange ein Faszinosum und auch wenn wir heute wissen, dass Moore nicht mit Flüchen und dunklen Zaubern belegt sind, sollten sie uns nicht weniger begeistern, denn sie sind wahre Alleskönner.
Entstehung und Bedeutung von Mooren
Moore entstehen in dauerhaft wassergesättigten Gebieten. Durch den hohen Grundwasserspiegel in diesen Gebieten, ist der Boden dort sehr sauerstoffarm. Organisches Material, wie abgestorbene Pflanzen, kann deshalb nicht in dem Tempo abgebaut werden, wie es hinzu kommt. Auf diese Weise entsteht Torf, die Grundlage der Moore. Organische Materialien bestehen aus Kohlenstoffverbindungen. Indem diese nicht vollständig oder gar nicht abgebaut werden, wurden Moore über Jahrtausende zu Kohlenstoffspeichern unvorstellbaren Ausmaßes. Sie bedecken zwar nur 3% der weltweiten Landflächen, binden laut dem Biologen Ralf Reski von der Universität Freiburg, aber doppelt soviel Kohlenstoff wie die Biomasse aller Wälder der Erde zusammen.
Nebenbei bieten sie einen einzigartigen Lebensraum für viele bedrohte Pflanzen- und Tierarten und filtern Schadstoffe aus dem Wasser – als Nieren der Erde.
Trockenlegung der Moore
Im Zuge der Industrialisierung begannen Menschen weltweit, Moore trockenzulegen, um sie für den Menschen nutzbar zu machen. Indem das Wasser aus Mooren abgeleitet wird, wird dem Boden über die Zeit immer mehr Wasser entzogen und es schließlich trockengelegt. So war es Menschen möglich, in ehemaligen Mooren Häuser zu bauen, Vieh zu züchten, Landwirtschaft zu betreiben und den Torf als Brennstoff zu verwenden. Bereits 1765 wurde unter König Friedrich II. mit der Entwässerung der Moorgebiete in Ostfriesland begonnen. Dem Bundesumweltamt folgend, sind heute fast 92% der Moore in Deutschland trockengelegt. Zwar können sie nun landwirtschaftlich genutzt werden, haben in diesem Zuge aber auch ihre Funktion als Kohlenstoffspeicher verloren. Im Gegenteil: Emissionen klimaschädlicher Gase, wie CO2, Methan und Lachgas aus trockengelegten Mooren, machen heute rund 7,5% der jährlichen Emissionen Deutschlands aus (Siehe Bundesumweltamt). Damit stehen sie in einer Reihe mit Schwerindustrie und Kohlekraftwerken.
Treibhausgas-Emissionen aus Mooren, ©Umweltbundesamt 2024
Durch die Entwässerung der Moore gelangt Sauerstoff in den Torfboden, der sich, wie bereits erwähnt, zum großen Teil aus organischem Material zusammensetzt. Der Sauerstoff setzt die pausierten Prozesse im Boden wieder in Gang – sich über Jahrhunderte angesammeltes organisches Material wird auf einmal abgebaut. Dabei entstehen in großen Mengen klimaschädliche Gase. Die Kohlenstoffspeicher mutieren damit also zu wahren Treibern des Klimawandels, enormen Ausmaßes. Durch den Rückgang der Moore sind heute gut 70% der Moorpflanzen in Deutschland vom Aussterben bedroht, wie die Niedersächsische Landesforsten feststellen. Folglich gehen nicht nur CO2- Speicher verloren, sondern ganze Ökosysteme.
Um diesen Entwicklungen entgegenzuwirken, bedarf es einer sofortigen Wiedervernässung der Moorböden. Der Wasserstand müsste erneut den gesamten Torf bedecken, um die Abbauprozesse zu unterbrechen. Das hat auch die Europäische Union erkannt und 2023, nach langem Ringen, ein Naturschutzgesetz beschlossen, das auch die Wiedervernässung von Mooren vorsieht. Ein Problem bleibt aber: In Mooren kann weder gesiedelt noch konventionelle Landwirtschaft betrieben werden.
Die Lösung der meisten Experten: Paludikultur.
Galloway Rinder auf halboffenen Weidelandschaften. Zweckverband Natur- und Kulturlandschaft Drömling/Sachsen-Anhalt, © Susanne Stecke
Paludikultur – Was ist das?
Die Paludikultur ist eine von der Universität Greifswald entwickelte Strategie zur landwirtschaftlichen Nutzung von Moorgebieten. Moore sind für die konventionelle Landwirtschaft ungeeignet, denn weder Mais noch Getreide kann dort angebaut werden und auch ein Großteil der Nutztiere fühlt sich in den nassen Gebieten unwohl. Abgesehen davon gibt es jedoch gut 200 Tier- und Pflanzenarten, die für den Anbau bzw. die Haltung in Mooren geeignet sind. Darunter finden sich bekannte Arten, wie Wasserbüffel und Schilf. Die Sammlung umfasst Pflanzen für die Energiegewinnung durch Biomasse, Brennstoff, die Dämmung von Gebäuden und Futterpflanzen für Tiere. Die Möglichkeiten und Vielfalt des Anbaus sind also trotz der Wiedervernässung groß.
Auch in Zukunft sollten uns Moore als einzigartige Ökosysteme und außerordentliche Klimaschützer faszinieren und uns dazu bewegen sie mit aller Kraft zu schützen und zu bewahren.
Quellen & weitere Infos:
- o.A.: “ Paludikultur: Wiedervernässte Moore für mehr Klimaschutz Staat sollte Landwirtinnen und Landwirte beim freiwilligen Moorschutz mit Geld unterstützen”, Umweltbundesamt, 01.03.2023, unter: https://www.umweltbundesamt.de/presse/pressemitteilungen/paludikultur-wiedervernaesste-moore-fuer-mehr
- o.A.: “ Moor-Wiedervernässung”, Frauenhofer-Institut für Graphische Datenverarbeitung IGD, unter: https://www.igd.fraunhofer.de/de/branchen/biooekonomie/smart-farming/moor-wiedervernaessung.html
- Jutta Walter und Matthias Büttner: “Wiedervernässung von Mooren: Ein Baustein im Kampf gegen die Klimakrise”, Heinrich-Böll Stiftung, 10.01.2024, unter: https://www.boell.de/de/2023/01/10/wiedervernaessung-von-mooren-ein-baustein-im-kampf-gegen-die-klimakrise
- Bernd Pieper und Linda Baumann:” Moore-Der unterschätzte Klimaschützer”, Naturschutzbund Deutschland e.V., unter: https://www.nabu.de/natur-und-landschaft/moore/moore-und-klimawandel/13340.html
- o.A.:” Wiedervernässung und Moorrestaurierung” , Greifswald Moor Centrum, unter: https://www.moorwissen.de/wiedervernaessung.html
- o.A.:” Moore – Entstehung und Zustand”, BfN Bundesamt für Naturschutz, unter: https://www.bfn.de/entstehung-und-zustand
- o.A.: “Paludikultur – Land- und Forstwirtschaft auf wiedervernässten Mooren”, Greifswald Moor Centrum, unter: https://moorwissen.de/paludikultur.html
- o.A.:” Paludikultur”, BfN Bundesamt für Naturschutz, unter: https://www.bfn.de/paludikultur
- o.A.: “ Paludikultur”, Fachagentur für Nachwachsende Rohstoffe e.V., unter: https://pflanzen.fnr.de/paludikultur
- o.A.:” Paludikultur-Hintergrund”, Greifswald Moor Centrum, unter: https://www.moorwissen.de/hintergrund.html
- o.A.:” Paludikultur: Landwirtschaft trifft Klimaschutz”, Bundesinformationszentrum Landwirtschaft, 09.04.2024, unter: https://www.praxis-agrar.de/umwelt/klima/paludikultur
- o.A.:” Die Rolle intakter Moore in der Landschaft und beim Klimaschutz”, Niedersächsische Landesforsten, unter: https://www.landesforsten.de/wp-content/uploads/2024/08/bedeutung_der_moore.pdf