Im Juli veröffentlichte das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWE) einen Entwurf zur Novellierung des Energiewirtschaftsgesetzes (EnWG-Novelle). Seit dem 6. August liegt nun der im Kabinett abgestimmte Regierungsentwurf vor. Wir fassen für euch die wichtigsten Punkte mit Blick auf Energy Sharing zusammen und zeigen auf, wo Verbände noch Verbesserungsbedarf sehen. Außerdem haben wir mit Staatssekretär Joschka Knuth über den Entwurf und Bürgerenergie in Norddeutschland gesprochen – aber dazu später mehr.
Auf dieses Gesetz warten viele Bürgerenergie-Gemeinschaften schon lange, weil es den rechtlichen Rahmen für das Energy Sharing ausgestalten soll. Der Titel des Referentenentwurfs verspricht viel: „Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Energiewirtschaftsgesetzes zur Stärkung des Verbraucherschutzes im Energiebereich sowie zur Änderung weiterer energierechtlicher Vorschriften“ (Download Gesetzesentwurf, August 2025).
Was ändert sich konkret:
Die EnWG-Novelle enthält einige Vorschläge, wie kleinere und mittelgroße Marktakteure besser eingebunden und regionale Versorgungsmodelle gestärkt werden können. Dazu gehören der Aufbau einer zentralen Netzzugangsplattform sowie die Einführung des Energy Sharing. Außerdem sollen planerische Hürden bei Stromspeichern und Verteilnetzen abgebaut werden.
Mit der Umsetzung von Energy Sharing in deutsches Recht, könnte es Energiegenossenschaften erstmals möglich werden, ihre Mitglieder bei Nutzung des öffentlichen Netzes mit selbst erzeugtem Strom zu versorgen. Leider soll Energy Sharing mit dem Entwurf jedoch wirtschaftlich und rechtlich stark eingeschränkt werden (DGRV, 18.07.2025).
Das sind die wichtigsten Punkte:
Teilnahmebedingungen (§ 42c (1) EnWG-E)
- Anlage & Verbrauchsstellen sind im selben Bilanzierungsgebiet eines Verteilnetzbetreibers (VNB)
- Betrieb der EE-Anlage ist nicht gewerbliche/berufliche Haupttätigkeit
- Smart Meter, beim Kunden sogar RLM (=1/4 Std. Messung)
Vertragliche Grundlagen (§ 42c (1) und (3) EnWG-E)
- Liefervertrag zwischen Betreiber und Letztverbraucher
- Vertrag zur gemeinsamen Nutzung
Beauftragung eines Dienstleisters durch Betreiber (§ 42c (5) EnWG-E)
- Erfüllung verschiedener energiewirtschaftlicher Pflichten (§20 EnWG)
- Angebot von steuerbaren Verbrauchseinrichtungen oder Flexibilität
- Vertragsabschlüsse incl. Abrechnung
- Installation/Betrieb incl. Messung und Wartung
Keine Pflicht zur Vollversorgung (§ 42c (6) EnWG-E)
- Ergänzender Strombezug durch den Abnehmer (freie Lieferantenwahl)
- Informationspflicht des Betreibers
Teilweise Befreiung von Lieferantenpflichten nach §5 und §40-42 (§ 42c (7) EnWG-E)
- Bspw. Anzeigepflichten, Rechnungsstellung, Kennzeichnung etc.
- Anlage von Haushaltskunden (≤30 kW)
- Anlage von Haushaltskunden in Mehrparteienhaus (≤100 kW)
Gemeinsame Internetplattform der Netzbetreiber (§ 20b EnWG-E)
- Bundesweit einheitliche Internetplattform
- Marktkommunikation
- Registrierung von ES-Vereinbarungen
- Weitere Konkretisierung durch BNetzA
Ab dem 1. Juni 2026 soll Energy Sharing innerhalb des Bilanzierungsgebietes eines VNBs umgesetzt werden können. Das bedeutet, dass Mitglieder einer Erneuerbare-Energiegemeinschaft (EEG) ihren selbst erzeugten Strom gemeinsam nutzen können. Auch dann, wenn die Erzeugungsanlagen und Verbraucher geografisch nicht direkt nebeneinander liegen, aber innerhalb der Grenzen eines VNB.
Ab dem 1. Juni 2028 soll dies auch auf einen angrenzenden VNB ausgeweitet werden. Begründet wird dieses Vorgehen damit, dass eine räumliche Begrenzung die Netzstabilität sichert. Es soll eine Überforderung der Netzbetreiber verhindert werden, wenn Stromanteile in ganz Deutschland getauscht würden.
Was wird kritisiert? Eine Auswahl an wichtigen Punkten
- Fehlende Klarstellung, dass Bürgerenergiegesellschaften Betreiber von ES-Anlagen sein können
- Fehlende Prozesse, Knowhow und Systeme bei den Netzbetreibern
- Geringe Wirtschaftlichkeit (→u.a. Konkurrenz zu Anbietern von zeitvariablen oder dynamischen Tarifen)
- Problematische Einschränkung in § 42 (1) Nr. 5 EnWG-E (→ Betrieb darf weder überwiegend der gewerblichen noch der selbständigen beruflichen Tätigkeit des Betreibers dienen)
- Problematische Einschränkung bei der Erfassung des erzeugten oder gespeicherten Stroms mit Zählerstandsgangmessung (§ 42c (1) Nr. 7 EnWG-E)
Eine ausführliche Beurteilung des Gesetzesentwurf inklusive konkreter Verbesserungsvorschläge findet ihr auch im Positionspapier des Bündnis Bürgerenergie.
