Klimaanpassungen in Deutschland – Das sind die Empfehlungen von Bürger*innen und Interessensgruppen.

Das Umweltbundesamt hat Anfang September 2024 den ersten Teilbericht „Empfehlungen aus dem Dialog KlimaAnpassung. Beteiligungsprozess zur Entwicklung messbarer Ziele für die Deutsche Klimaanpassungsstrategie“ herausgegeben. In diesem Bericht werden die Ergebnisse und Empfehlungen der teilnehmenden Bürger*innen und Interessensgruppen für die Deutsche Klimaanpassungsstrategie vorgestellt. Sie sind in sieben Themencluster aufgeteilt, die die Weiterentwicklung der Deutschen Anpassungsstrategie fördern sollen. Diese Empfehlungen der Teilnehmer*innen resultieren aus verschiedenen Beteiligungsformaten, die im Zeitraum vom Herbst 2023 bis August 2024 im Rahmen des Dialog KlimaAnpassung vom Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz stattfanden.

Was ist die Deutsche Klimaanpassungsstrategie?

Im Koalitionsvertrag 2021-2025 wurde beschlossen, dass die notwendigen Anpassungen an den Klimawandel mit einer vorsorgenden Klimaanpassungsstrategie vorangebracht werden soll. Dafür wollen die zuständigen Bundesministerien messbare Ziele in ihren Bereichen definieren. So soll zukünftig die Zielerreichung besser überprüft werden können.

Stakeholder und Bürger*innen – Wer war dabei?

Am Dialog KlimaAnpassung konnten sich zum einen sogenannte Stakeholder beteiligen, also Personen und Verbände, die ein berechtigtes Interesse an dem Ergebnis und Prozess der Überlegungen haben. Zum anderen konnten Bürger*innen an Online- und Präsenz-Veranstaltungen teilnehmen und sich einbringen, sodass eine möglichst breite Zielgruppe entstand. Im Herbst 2023 kamen Bürger*innen aus fünf Regionen Deutschlands zusammen, die speziell von den Auswirkungen des Klimawandels betroffen sind. Es gab auch eine Online-Umfrage, bei der sich 1.749 Bürger*innen beteiligten und aus der 121 Ideen mit Klimaanpassungsbezug entstanden. Diese wurden auf einer deutschlandweit digitalen Pinwand festgehalten.

Empfehlungen der Bürger*innen und Stakeholder

Die Bürgerinnen, Bürger und Stakeholder haben im Klimadialog an den möglichen Anpassungen innerhalb von sieben Handlungsfelder gearbeitet: Gesundheit, Infrastruktur, Land & Landnutzung, Stadtentwicklung, Raumplanung & Bevölkerungsschutz, Wasser und Wirtschaft. Die Empfehlungen der Stakeholder basierten auf einem Rohentwurf des Bundesressorts, bei dem messbare Ziele vorgeschlagen wurden. Sie fordern in einigen Clustern eine frühere zeitliche Verortung der Ziele inklusive Zwischenziele. Zudem sehen sie Lücken in der Ziele- und Maßnahmenformulierung. Stakeholder und Bürger*innen überschneiden sich auch teilweise in ihren Vorschlägen für Maßnahmen.

Die Bürger*innen erhoffen sich eine weitgehendere Verknüpfung der Klimaanpassungen mit anderen Politikbereichen und priorisieren Themen wie ökologische Landwirtschaft, Energie- und Verkehrswende und Klima- und Ressourcenschutz. Auf der digitalen Ideenpinnwand ist Kritik am bisherigen Verlauf der Klimaanpassungen zu erkennen, die mit der Forderung nach mehr Klimaschutz verbunden ist. Zudem wurden sowohl von Jugendlichen als auch Erwachsenen Sorgen bezüglich der sozialen und umweltbezogenen Folgen des Klimawandels geäußert.

Ergebnisse der fünf regionalen Dialoge

Im Herbst 2023 trafen sich zufällig ausgewählte Bürger*innen aus Regionen in Deutschland, die besonders vom Klimawandel betroffen sind. Aus diesen fünf regionalen Dialogveranstaltungen für KlimaAnpassung geht hervor, dass die Bürger*innen von der Bundesregierung entschlossenes Handeln gegen die Folgen des Klimawandels erwarten. Sie schlagen beispielsweise vor, dass in den Städten mehr Grünflächen vorhanden sein sollten, um Versiegelung und Hitze entgegenzuwirken.

Handlungsfeld Energiewirtschaft

Sowohl die Stakeholder als auch die Bürger*innen machten darauf aufmerksam, dass es ein Ziel für das Handlungsfeld Energiewirtschaft geben muss. Eine klimaresiliente Energieinfrastruktur könne durch den Ausbau von Photovoltaik in Verbindung mit Verschattungsmaßnahmen in der Stadt und auf dem Land unterstützt werden. Ein Vorschlag ist es, PV-Anlagen auf bereits versiegelten Flächen wie Parkplätzen zu errichten. Auch könnte die Mehrfachnutzung landwirtschaftlicher Flächen durch den Anbau von schattenliebenden Kulturen auf Flächen mit Agri-Photovoltaikanlagen erfolgen.

Wie geht es nun weiter?

Die Deutsche Klimaanpassungsstrategie aus dem Jahr 2008 wird derzeit von der Bundesregierung weiterentwickelt. Die aus dem Klimadialog resultierenden Empfehlungen der Bürger*innen und Stakeholder wurde den jeweiligen Bundesressorts für die weitere Strategieentwicklung zur Verfügung gestellt. Im November 2023 wurde im Klimaanpassungsgesetz verankert, dass die Bundesregierung bis Ende 2024 eine neue, vorsorgende Anpassungsstrategie entwickelt haben muss.

Wie kannst Du aktiv werden?

Auf unserer Website kannst Du gerne stöbern und schauen, welche Angebote wir haben, um engagierten Bürger*innen wie Dir zu ermöglichen, Klimaschutzmaßnahmen im kleinen und großen Rahmen umzusetzen. In der Schule kannst Du Dich zu unseren Schwerpunkten Energie, Mobilität, Konsum, Ernährung und biologischer Klimaschutz informieren und im Zeitungskiosk sind aktuelle Veranstaltungen zu finden. Komm doch gerne bei unserem nächsten digitalen Wärmeschnack vorbei und tausche Dich mit Mitstreiter*innen aus! Wenn Du mehr über den Dialog KlimaAnpassung erfahren möchtest, findest du hier die Veröffentlichungen des Umweltbundesamtes.

Von Lena Untrieser

 

Quellen:

Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz. 2023. „Die Deutsche Anpassungsstrategie an den Klimawandel.“ 15. September 2023. https://www.bmuv.de/themen/klimaanpassung/die-deutsche-anpassungsstrategie-an-den-klimawandel (zuletzt abgerufen 23.09.2024).

Umweltbundesamt. 2024. „Bürgerinnen und Bürger fordern mehr Stadtbegrünung gegen Hitze und Entsiegelung.“ 07.03.2024. https://www.umweltbundesamt.de/presse/pressemitteilungen/buergerinnen-buerger-fordern-mehr-stadtbegruenung (zuletzt abgerufen 23.09.2024).

Umweltbundesamt (Hrsg.). 2024. Empfehlungen von Bürgerinnen und Bürgern für die Entwicklung einer vorsorgenden Klimaanpassungsstrategie. Ergebnisse aus fünf regionalen Dialogen,https://www.bmuv.de/fileadmin/Daten_BMU/Download_PDF/Klimaanpassung/empfehlungen_buergerinnen_dialog-klimaanpassung_2024_bf.pdf (zuletzt abgerufen 23.09.2024).

Umweltbundesamt (Hrsg.). 2024. Teilbericht: Empfehlungen aus dem Dialog KlimaAnpassung. Beteiligungsprozess zur Entwicklung messbarer Ziele für die Deutsche Klimastrategie, https://www.umweltbundesamt.de/sites/default/files/medien/11850/publikationen/36_2024_cc_dialog_klimaanpassung.pdf(zuletzt abgerufen 23.09.2024).

Gemeinsam für die Wärmewende vor Ort – Mit Bürger*innen planen und handeln

Die Wärmewende stellt auf dem Weg zur Treibhausgasneutralität eine große Herausforderung dar. Im Gegensatz zum Stromsektor besteht im Bereich der Wärme noch ein großer Handlungsbedarf. Für uns als Mieter*innen und Hauseigentümer*innen stellt sich in allererster Linie die Frage: Wo bekomme ich meine Wärme in Zukunft her? Habe ich die Möglichkeit, an ein Wärmenetz angeschlossen zu werden? Muss ich mich um eine individuelle Lösung kümmern? Wer informiert mich, ob ein Wärmenetz in meiner Nachbarschaft sinnvoll ist und was schon in Planung ist?

Eine Lösung soll die kommunale Wärmeplanung bieten: Ein Planungsinstrument, welches Wärmebedarfe und -potentiale darstellt und Zukunftsszenarien für eine nachhaltige und klimaneutrale Wärmeversorgung vor Ort aufzeigt. In Schleswig-Holstein sind bereit 72 große und mittlere Kommunen (von insgesamt 1.106 Städten und Gemeinden) verpflichtet eine solche Planung bis 2024 bzw. 2027 vorzulegen. Übersicht der verpflichteten Gemeinden 

Spätestens mit dem Wärmeplanungsgesetz des Bundes stehen nun auch kleinere Gemeinden vor der Frage, wie die Wärmeversorgung gestaltet werden soll. Für die Bürger*innen der verbleibenden 1.034 Gemeinden in Schleswig-Holstein bietet sich jetzt die Möglichkeit selbst aktiv zu werden und die ersten Schritte für eine gemeinschaftliche Wärmeversorgung zu gehen. Mehr zur kommunalen Wärmeplanung in Schleswig-Holstein. 

Die Wärmewende vor Ort gemeinsam angehen

Alle Akteure vor Ort können gemeinsam aktiv werden. Egal ob mit oder ohne verpflichtender Wärmeplanung – um den Herausforderungen der Wärmewende effektiv zu begegnen, müssen sich Hauseigentümer*innen und Mieter*innen, Landwirtschaft, Handwerk, Politik und Verwaltung gemeinsam auf den Weg machen, die lokalen Möglichkeiten zu erkennen und nutzbar zu machen. Die Bürger*innen sind dabei nicht nur die Abnehmer*innen der Wärme, sondern können sowohl im Prozess der Planung als auch bei der Organisation der Bereitstellung von Wärme einen aktiven Part übernehmen.

Wir von bewirk unterstützen euch gern dabei. In der ersten Phase geht es vor allem darum, alle Menschen in der Gemeinde für das Thema Wärmewende zu sensibilisieren. Wir kommen kostenlos mit unseren Ideensessions und Werkstätten zu euch vor Ort. Gemeinsam mit Expert*innen als Referierenden, moderieren wir eine interaktive Auftaktveranstaltung zu eurem Wärme-Projekt. Für die Schritte danach legen wir euch außerdem unser Wärmementor*innen-Programm ans Herz.

Als Bürger*in aktiv mitgestalten

Im Folgenden erklären wir, welche Schritte es von der Planung bis zur Umsetzung einer gemeinschaftlichen Wärmeversorgung gibt und wie ihr als Bürger*innen – mit oder ohne bewirk – aktiv werden könnt.

Schritt 1: Sensibilisierung und Bewusstseinsbildung

Zunächst steht die Aufgabe an, allen Beteiligten die Klimarelevanz der Wärmeversorgung bewusst zu machen. Es gilt bezahlbare, sichere und klimafreundliche, Alternativen zur fossilen Wärmeversorgung und das Potenzial für Energieeinsparungen und Effizienzsteigerungen bei der gemeinsamen Wärmeversorgung klar vor Augen zu führen. Hierfür steht allen Gemeinden in Schleswig-Holstein eine kostenlose Initialberatung durch die Energie- und Klimaschutzinitiative der IB-SH offen. Diese kann allerdings nicht von einer Bürger*innen-Initiative angefragt werden und häufig erfolgt die Beratung im geschlossenen Kreis der Gemeindevertretung und -verwaltung.

Um bei möglichst vielen Bürger*innen ein Bewusstsein und Verständnis für die lokale Wärmeversorgung aufzubauen, sind andere Veranstaltungsformate besser geeignet. Für die erste Wissensgrundlage sind die bewirk-Ideensessions und Werkstätten mit Expert*innen und Macher*innen eine gute Möglichkeit, die Bürger*innen zu informieren. Wir beraten gemeinsam mit euch zusammen einen maßgeschneiderten Ablauf der Veranstaltungen und führen diese im Anschluss gemeinsam durch, ohne dass euch dafür Kosten entstehen. Einen Einblick dazu, wie eine solche Ideensession und Werkstatt konkret aussieht und wie eine Gruppe daraus entstehen kann, gibt unser Kurzfilm zur Initiative „Energie aus Tangstedt für Tangstedt“.

Um dieses neue Wissen zu vertiefen und besser zu verstehen sind Exkursionen zu guten Beispielen eine bewährte Form. Bei Exkursionen zu Orten, die schon ein Nahwärmenetz umgesetzt haben, könnt ihr mit den Durchführenden dort in Austausch kommen. So könnt ihr von ihren Erfahrungen profitieren und dann besser einschätzen, welche Möglichkeiten oder Schwierigkeiten bei einer Umsetzung bei euch vor Ort auftreten könnten. Hierfür haben wir euch ein Programm mit 5 Exkursionen zusammengestellt, welches wir gemeinsam mit dem Bildungszentrum für Umwelt, Natur und ländliche Räume SH (BNUR) anbieten. Alle Termine unserer Exkursionreihe „bewirk on Tour – Gemeinsam quer durchs Land fürs Klima“

Schritt 2: Begleitung der (kommunalen) Wärmeplanung

Zur Erstellung eines kommunalen Wärmeplans sind gemäß des schleswig-Holsteinischen Klimaschutzgesetztes folgende Schritte durchzuführen (§7, Abs. 3):

  • Zusammenstellen vorhandener Datengrundlagen in der Verwaltung, beim Netzbetreiber und/oder den Stadt- und Gemeindewerken sowie bei den Schornsteinfegern
  • Analyse Wärmebedarf
  • Analyse Infrastruktur im Bestand
  • Analyse potentieller Quellen für erneuerbare Energien
  • Potentielle Gebiete für Nahwärmenetze
  • Optionen für Wärmeerzeugungsanlagen
  • Empfehlungen für weiteres Vorgehen

Dort wo keine Verpflichtung zur kommunalen Wärmeplanung besteht und die politische Gemeinde nicht von selbst aktiv wird, kann eine Bürger*innen-Initiative den notwendigen Anstoß geben. Mit unserem Mentor*innen-Programm für lokale Wärmegruppen und bürgerschaftliche Nahwärmenetze in Schleswig-Holstein wollen wir die Startphase solcher Initiativen begleiten. Wir helfen bei den ersten Schritten vor Ort. Dies beinhaltet die gemeinsame Erarbeitung von nächsten Schritten und Meilensteinen (siehe Grafik) sowie die Verstetigung der Initiative zu einer festen Wärmegruppe. Die Mentor*innen begleiten die Gruppen dabei kostenfrei über einen Zeitraum von sechs Monaten. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die bürgerschaftlichen Initiativen nicht die Aufgaben einer kommunalen Wärmeplanung erfüllen sollen (und können). Sie sollten lediglich herausarbeiten, ob ein vertiefender Einstieg in eine gemeinschaftliche Wärmeversorgung in der Nachbarschaft oder der gesamten Gemeinde sinnvoll und machbar ist, um gegebenenfalls den nächsten Schritt einer Machbarkeitsstudie vorzubereiten und in die Wege zu leiten.